Es ist Ende November und der Vollmond scheint schwach durch die abendlichen grauen Wolken. Leiser Nebel hüllt die Landschaft ein, während wir Planen, Decken, Trommeln und andere Instrumente, die wir mit Schubkarren herbeigefahren haben,  rund um eine Feuerstelle ausbreiten. Timm entfacht die Flammen und wir lassen uns im Schein des Feuers auf der Schamanenwiese nieder. 

Vor uns erstreckt sich die hügelige Landschaft der Holsteinischen Schweiz. Eine wohlig warme Atmosphäre umgibt mich, trotz des kalten Wetters. 

 

Getroffen haben wir uns hier für ein Vollmondritual. Alexej gibt eine kurze Einführung in den Ablauf. Vorerst unterhalten wir uns über gesellschaftsübergreifende und persönliche Themen. Es geht um Isolation und deren Auswirkungen auf das menschliche Individuum und die Täter-Opfer-Rolle. Währenddessen fällt mir das ausgeprägte Empathievermögen der Menschen um mich herum auf. Anhand der Unterhaltung  werden Missbräuche, Traumata und schwarze Magien herausgearbeitet, die es im nachfolgenden Ritual zu bearbeiten gilt. Inzwischen hat es angefangen zu regnen. Das Feuer und die guten Gespräche halten dem Regen stand. Außerdem, meint Laima, passt die Energie des fallenden Wassers zum Thema des Rituals. Josi verteilt die Trommeln und Rasseln, während die Kinder einschlafen und der Nebel um uns herum dichter wird. Dann geht es los. 

 

Rhythmische Trommelschläge, scheppernde Blechklänge, Gesänge, Schreie und andere menschliche Geräusche treiben durch die Nacht. Während eine Rassel in meiner Hand zaghaft mitschwingt, kann ich mich nach und nach auf die Situation einlassen, schließe meine Augen und spüre, wie der Regen auf meine Lieder fällt. Die Geräusche der Schamanen verdichten sich und werden zu eine Masse an Energie, die mich fortträgt. Fort von meinem Platz am Feuer. Als ich wieder zu mir komme, ist das Feuer fast aus und letzte leise Töne von Instrumenten klingen durch die Nacht.  

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Online Ausstellung: https://archiv.ue-germany.com/graduate/david-kern/